Foto: Bagira - Sensiebelfotografie

Trauerarbeit nach Verlust des Hundes

Und die Liebe bleibt

Ein Hund schenkt dir viele der schönsten Tage deines Lebens – und einen der schlimmsten. Wir alle fürchten uns vor dem Tag, an dem wir unseren vierbeinigen Gefährten gehen lassen müssen. Saskia Katharina Siebel hat diesen Tag bereits „hinter sich“. Geblieben ist die Trauer, aber auch Dankbarkeit – und Liebe. Über die tiefe Beziehung zu ihrem Seelenhund Bagira hat sie ein Buch geschrieben – um ihre Trauer zu verarbeiten und anderen Trauernden Mut zu machen.

Bagira - Mein Seelenhund

Bagira ist und war mein Seelenhund, mein Ein und Alles. Wir waren so innig und tief miteinander verbunden, dass wir ohne Worte miteinander kommunizieren konnten und unsere zwei Seelen die gleiche Sprache sprachen. Alles, was ich wissen musste, sah ich in seinen Augen. Wir haben uns blind verstanden und uns immer aufeinander verlassen können. Wo ich war, war auch Bagira. Er war mein Schatten, mein Fels in der Brandung, mein Rückhalt, wenn es mir schlecht ging. Die Magie, die unsere Verbindung ausgemacht hat, ist nicht in Worte zu fassen. Er hatte alle Charaktereigenschaften, die auch mich ausmachen – wir waren uns beide so unglaublich ähnlich. Bagira hatte ein zartes Wesen und war dabei gleichzeitig so stark, in jeder Hinsicht. Von Geburt an krank, hat er doch stets „Ja“ zum Leben gesagt, und das Beste daraus gemacht. Und wir haben alles in unserer Macht Stehende getan, um ihm das Leben so schön wie nur möglich zu machen.

Bagira zu verlieren, war für mich ein traumatisches Erlebnis und vermutlich das schmerzhafteste in meinem bisherigen Leben. Sein plötzlicher Tod hat mein Herz zerbrochen und er hinterlässt eine Lücke, die nicht in Worte zu fassen ist.

Saskia Katharina mit ihrem Hund Bagira. /Foto: Sarah Köhler
Saskia Katharina mit ihrem Hund Bagira. /Foto: Sarah Köhler

Trauerarbeit & Begleitung

Für Außenstehende erscheint die Trauer um ein Tier oft übertrieben und nicht berechtigt – in der Gesellschaft wird dieses Thema leider noch zu oft stigmatisiert und belächelt. Ein Hund ist aber mehr als “nur” ein Hund. Er ist ein vollständiges Familienmitglied. Alles, was er hat, bist du. Er ist zu einhundert Prozent von dir abhängig und tief in deinem Herzen und deinem Leben verankert. Wenn er stirbt, stirbt auch ein Teil von dir.

Es gibt so viele Menschen unter uns, die den Verlust ihres Tieres ganz alleine verarbeiten müssen. Mir hat es sehr geholfen, dass ich bei meiner Familie und bei meinen Freunden so sein durfte, wie ich war. Erschüttert, traumatisiert, zutiefst traurig und verzweifelt hatte das Leben für mich plötzlich keinen Sinn mehr. Tagelang konnte ich weder sprechen noch essen oder trinken. Es war sehr schwierig mit mir und ohne meine Familie hätte ich nicht gewusst, wie ich da rauskommen soll. Bei ihnen durfte ich schweigen, wenn ich schweigen wollte und reden, wenn mir danach war. Diese Menschen haben mich gesehen, wahrgenommen und mir Raum und Zeit gegeben.

Neben der Unterstützung durch meine Familie und meine Freunde ist und war die professionelle Begleitung durch meine Therapeutin in meiner Trauerverarbeitung sehr wertvoll für mich. Durch das Aussprechen und Anschauen meiner Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen, wurde mir bewusster, was meine Trauer aufrechterhält und mich daran hindert, einen geeigneteren Umgang mit ihr zu finden.

Mein Buch zu schreiben, war für mich in diesen schweren Zeiten ein weiterer wichtiger Schritt, um meiner Trauer Ausdruck zu verleihen und sie zu verarbeiten. Aufzuschreiben, was ich mit Bagira erlebt habe, und dadurch jeden Augenblick unsterblich und unvergessen zu machen, hat mir sehr geholfen.

Lange habe ich dabei nur für mich geschrieben. Das nochmalige Durchleben unserer gemeinsamen Zeit tat dabei unfassbar weh und doch war dieses Auseinandersetzen unsagbar wichtig.

Im Buch "Bagira" verarbeitet Saskia Katharina Siebel den Verlust ihres Seelenhundes. /Foto: Aileen Melucci Fotografie
Im Buch "Bagira" verarbeitet Saskia Katharina Siebel den Verlust ihres Seelenhundes. /Foto: Aileen Melucci Fotografie

Trauer kennt keine Zeit

Bagiras Tod ist nun zweieinhalb Jahre her und die Trauerarbeit noch nicht vorbei. Der Spruch “Zeit heilt alle Wunden” ist für mich so nicht wahr. Ich lerne weiterhin, ohne Bagira zu leben. Vieles verändert sich und es wird leichter, doch wird es nie wieder so sein, wie es war. Von Monat zu Monat kann ich inzwischen auch „Vorteile“ sehen. Bagira benötigte sein Leben lang besondere Aufmerksamkeit und Pflege. Sechs Jahre lang war jeder Tag mit Medikamentengaben, Arztbesuchen, Physiotherapien und Übungen durchstrukturiert und ich habe nun die Freiheit, ungebunden zu sein. Auch diesen Aspekt sehen zu können, hat lange gedauert.

Bagira hat für immer einen besonderen Platz in meinem Herzen. Ich denke voller Dankbarkeit und Liebe an ihn und unsere gemeinsame Zeit – er fehlt jeden Tag und ich bin immer noch dabei, seinen Tod zu verarbeiten. Für die Zukunft habe ich für mich eine persönliche Entscheidung getroffen, die manchen Menschen unverständlich erscheinen mag, sich für mich aber richtig anfühlt: Ich möchte keinen Hund mehr. Nach den vielen Jahren der bedingungslosen Liebe, der Aufopferung und der täglichen Angst, Bagira zu verlieren, ist da nicht genug Platz in meinem Herzen, um einem neuen Begleiter die Liebe, die Klarheit, die Erziehung und all das zu schenken, was jeder Hund verdient hat.

Bagiras Urne hat ihren Platz im Mittelpunkt der Wohnung gefunden - so ist Bagira immer ganz nah. /Foto: Sensiebelfotografie
Bagiras Urne hat ihren Platz im Mittelpunkt der Wohnung gefunden - so ist Bagira immer ganz nah. /Foto: Sensiebelfotografie

Was ich anderen gern sagen möchte, die um ihren Hund trauern:

  • Erlaube es dir, die verschiedenen Phasen der Trauer zu durchlaufen und in jeder einzelnen Phase gnädig und verständnisvoll mit dir zu sein. Ein ganz wichtiger Faktor ist hier die Zeit. Es ist ein Prozess, der bei dem einen länger dauert und beim anderen kürzer.
  • Den Verlust vollständig zu akzeptieren, ist ein schmerzhafter, aber wichtiger Schritt. Trauer ist individuell und nicht planbar und es gibt kein zeitliches Ablaufdatum für die Trauer.
  • Du bist nicht falsch oder komisch, weil du um deinen Hund trauerst. Und auch die Intensität deiner Gefühle ist weder unangemessen noch lächerlich. Wir haben eine einzigartige, tiefe Verbindung zu unseren Hunden, oftmals intensiver als zu manchen Menschen.
  • Du wirst lang das Gefühl haben, dass dein Hund jede Sekunde wieder freudig um die Ecke kommt. Du wirst heimkommen und den Namen deines Hundes rufen wollen, wie du es viele Jahre lang gemacht hast. Die Realität zu akzeptieren, dass er nicht mehr da ist, ist schwer. Die Tränen, die dann vielleicht laufen, sind genauso okay wie starke Stimmungsschwankungen oder Wut. Versuche, alles anzunehmen, was kommt. Denn Wut darf genauso da sein wie Trauer oder die Angst, nicht zu wissen, wie es weitergehen soll.
  • Du bist nicht alleine mit deinen Gefühlen und deinen Gedanken. Habe keine Angst, dich zu öffnen und anderen Menschen, denen du vertraust, mitzuteilen, wie es dir wirklich geht. So schwer es ist: Verschließe dich nicht vollständig und versuche, dich mit Freunden zu treffen, spazieren zu gehen – und tue nur das, was auch gut für dich ist.
  • Alles ist von einem Moment auf den nächsten anders. Jegliche Struktur, die du durch deinen Hund hattest, ist nicht mehr gegeben. Tagebuch schreiben kann dir vielleicht helfen.
  • Ein würdevoller Abschied ist wie bei einem geliebten Menschen auch bei einem Tier von Bedeutung – ebenso ein Platz, an dem man ihm nahe sein kann. Nach dem Tod von Bagira war es für mich wichtig, dass er eine Einzeleinäscherung bekommt und ich ihn eine Woche später wieder bei mir haben konnte. Er hat eine wunderschöne Engel-Urne aus Holz von meinem Papa bekommen. Die Urne hat ihren Platz im Mittelpunkt der Wohnung gefunden – so ist Bagira immer nah bei uns.
  • Manchen Menschen hilft es in der ersten Phase, Fotos herauszusuchen und mithilfe dieser Fotos den Hund z. B. malen zu lassen, vielleicht auch, ihn selber zu zeichnen oder Fotoprodukte zu bestellen. Dadurch wird dir Stück für Stück die Endgültigkeit bewusst. Das tut weh, doch dieses Bewusstmachen ist wichtig für deinen Prozess.
  • Als Fotografin ist es mir eine große Herzensangelegenheit, den Menschen noch die Möglichkeit zu geben, sich mit ihrem Tier fotografieren zu lassen, bevor sie Abschied nehmen müssen – gerade weil ich selbst diese Möglichkeit nicht hatte. Diese „Regenbogenshootings“ kosten viel Kraft, doch die Rückmeldungen der Betroffenen zu den Fotos sind Grund genug, sie auch weiterhin anzubieten und zu ermöglichen, wenn es zeitlich machbar ist.
  • Entscheide dich erst dann für einen neuen Begleiter, wenn du deine Trauer bearbeitet hast und es sich für dich richtig anfühlt – denn auch dieser Hund verdient es, von ganzem Herzen geliebt zu werden. Und auch die Entscheidung, keinen Hund mehr haben zu wollen, ist vollkommen in Ordnung!
  • Trauerarbeit ist wertvoll, denn sie gibt dir die Möglichkeit, zu verarbeiten – aber niemals zu vergessen.

Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf der Webseite www.diehundezeitung.com veröffentlicht.

Autorenportrait

Saskia Siebel

Saskia Katharina Siebel

arbeitet bei: Hunde Coach

kommt aus: Blaichach

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